Kontinuierliches Lernen war wohl der Schlüssel zu Friederike C. Kühns Erfolg: Nach der Ausbildung zur Pharmazeutisch-Technischen Assistentin studierte sie Pharmazie. Während ihrer Arbeit studierte sie Kommunikationswirtschaft, bevor sie in die Werbebranche einstieg. Seit 2013 ist sie Präses der IHK zu Lübeck und der IHK Schleswig-Holstein. Außerdem ist sie Gründungsmitglied von Beruf und Familie im HanseBelt e.V..
Wie sind Sie in die Position gekommen, in der Sie heute sind?
Für mich war es immer selbstverständlich, mich als Unternehmerin ehrenamtlich zu engagieren. Damit will ich den Menschen und der Region etwas von dem zurückgeben, das ich selbst erhalten habe. 2004 wurde ich das erste Mal in die IHK-Vollversammlung gewählt. 2010 wurde ich Vicepräses, drei Jahre später als erste Frau nach 160 Jahren Präses. Für dieses Amt konnte ich zuvor einige Jahre Erfahrung in der Vollversammlung und im Präsidium sammeln, denn die Themen der Politikberatung in einer IHK sind sehr breit gefächert: Aus- und Weiterbildung, Infrastruktur, Wirtschaftspolitik, Recht, Steuern, et cetera. Also alles, was einem irgendwie in einem Unternehmerleben begegnen kann oder das Unternehmertum betrifft. Hilfreich ist es, die anderen Mitglieder der Vollversammlung zu kennen, ihr Vertrauen zu genießen und Freude am Kontakt mit Menschen zu haben.
Wann waren Sie zuletzt die einzige Frau in der Runde?
Das ist zum Glück seltener geworden. In vielen Runden haben wir inzwischen eine Steigerung um 100 Prozent erreicht und sind dann mindestens zwei Frauen.
Welche Herausforderungen sehen Sie heute immer noch für Frauen auf dem Weg nach oben?
Die Frage ist: Wo ist oben für Frauen? Meine Erfahrung ist, dass viele gar nicht an die oberste Spitze, sondern viel lieber in zweiter Reihe wirken wollen. Damit haben sie den Rücken frei für andere Dinge, zum Beispiel für die Familie. Frauen müssen viel deutlicher signalisieren, was sie wollen. Dafür benötigen sie Unterstützerinnen und tragfähige Netzwerke. Falls sie bei ihrem Arbeitgeber nicht weiterkommen, können sie in ein familienfreundlicheres Unternehmen wechseln. Und jede Frau hat doch die Freiheit, ein eigenes Unternehmen zu gründen und ihre eigene Chefin zu sein. Dann kann sie es mit der Frauenförderung selbst besser machen.
Gibt es Sprüche, die Sie nicht mehr hören können, weil sie voller Klischees sind?
Zum Glück bleibt mir das seit langer Zeit erspart. Das war zu Beginn meiner ehrenamtlichen Tätigkeit und in meiner Zeit als junge Unternehmerin noch anders. Es gab immer wieder die typischen Männersprüche. Da ich jedoch unter Jungs groß geworden bin und mit einer „Berliner Schnauze“ konterte, ist das inzwischen vorbei. Mit ein Grund dafür ist sicher auch der gegenseitige Respekt vor der Person und dem Amt.
Was sollte getan werden, damit Frauen in Führungspositionen noch präsenter sind?
Hier können Frauen selbst viel tun und bei sich anfangen. Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Wahrnehmung ist es, sich in der Öffentlichkeit oder in strategischen Projekten zu engagieren. Frauen sollten ihre Kompetenzen nicht für sich behalten und Netzwerke aufbauen, damit andere auf sie aufmerksam werden und sie nach ihrer Meinung fragen. Allerdings bin ich keine Freundin von zu aufdringlicher Selbstvermarktung. Da muss jede Frau ihren eigenen Stil finden, der zu ihr passt.
Was würden Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben?
Macht, woran ihr Freude habt und was Euch liegt. Beißt Euch in schwierigen Zeiten auch mal durch. Baut tragfähige Netzwerke auf, aber keine Seilschaften. Sucht Euch Verbündete (Frauen, Männer, Freunde, Familie), damit Ihr nicht alles allein machen müsst. Wer Karriere machen will, braucht jemanden, der ihm den Rücken freihält und auch mal etwas abnimmt, denn Aufgaben steigen mit dem Aufstieg. Und damit das alles gelingt: bleibt fit und gesund.
Welche Frau war Ihr Vorbild, Ihre Inspiration?
Ich hatte immer mehrere Vorbilder. Häufig war das von der aktuellen Lebenssituation abhängig. Viele der Frauen mit Vorbildfunktion habe ich in meinen Netzwerken kennengelernt.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich möchte mein Unternehmen weiter positiv entwickeln, auch in diesen schwierigen Zeiten. Wichtig ist mir auch, die Arbeitsplätze zu halten und den Alltag unter den besonderen Bedingungen der Pandemie zu bewältigen. Sobald es Lockerungen gibt und es wieder möglich ist, möchte ich eine richtig schöne Party feiern. In einem Jahr endet meine Amtszeit als Präses. Dann freue ich mich auf hoffentlich mehr Zeit für meine Familie, die für mich in den vergangenen Jahren auf vieles verzichtet hat. Und vielleicht bleibt auch etwas Zeit für mich übrig, um mal wieder einem Hobby nachgehen zu können.