Fridays for Future ist in den vergangenen drei Jahren zu einer globalen Bewegung gewachsen. In Kleinstädten wie Büchen oder Schwarzenbek fehlen aber manchmal noch die Strukturen, um den Protest zu organisieren. Johanna Rickert möchte das ändern: Die 20-Jährige hat neben ihrer Ausbildung zur Erzieherin eine Fridays-for-Future-Ortsgruppe gegründet.
Wie sind Sie in die Position gekommen, in der Sie heute sind?
Mir waren Klimathemen und soziale Gerechtigkeit schon immer sehr wichtig. Deshalb war ich schon öfter auf den Demos von Fridays for Future in Hamburg und habe dafür auch Schulunterricht sausen lassen, obwohl mir bewusst war, dass das Konsequenzen haben könnte. Dann habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, mich auch im Herzogtum Lauenburg zu engagieren. Bei den politischen Parteien habe ich immer den Eindruck, dass es schwer ist, dort reinzukommen. Im politischen Aktivismus ist das einfacher. Die Fridays-for-Future-Ortsgruppen waren bis vor Kurzem inaktiv - also habe ich mich entschlossen, die wieder aufzubauen.
Wann waren Sie zuletzt die einzige Frau in der Runde?
Das war am Sonntag im Wahllokal, da war ich die einzige weibliche Wahlhelferin. Aber ich glaube, das war Zufall. Bei der Gruppe, die uns am Nachmittag abgelöst hat, sah das schon wieder anders aus.
Welche Sprüche können Sie nicht mehr hören, weil Sie voller Klischees sind?
Ich kann alles, was in die Schlagrichtung “Ach, stell’ dich doch nicht so an” geht, nicht mehr hören, wenn es um sexuelle Belästigung geht.
Vor welchen gesellschaftlichen Herausforderungen stehen Frauen heutzutage, dass politischer Aktivismus immer noch notwendig ist?
Neben den großen Schwierigkeiten, vor die uns die Klimakrise stellt, ist Sexismus nach wie vor ein riesiges Problem. Auch wenn jetzt 16 Jahre lang eine Frau Bundeskanzlerin war, sind wir da noch lange nicht am Ziel. Je nach Partei trifft man zum Teil immer noch auf ein veraltetes Rollenbild. Ich habe nicht das Gefühl, dass diese Parteien schon in 2021 angekommen sind.
Ich habe außerdem das Gefühl, dass häusliche Gewalt und sexuelle Belästigung noch nicht als das Problem wahrgenommen werden, das sie sind. Oft wird die Schuld an solchen Übergriffen immer noch bei den Opfern gesucht. Die Paragrafen 218 und 219a erschweren immer noch sichere Abtreibungen.
Was sollte auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung getan werden?
Ich glaube, die Paragrafen 218 und 219a gehören abgeschafft. Und es ist wichtig, nicht zu schweigen, sondern Gegenwind zu geben, wenn eine Frau auf Social Media beleidigt und bedroht wird. Ich finde es auch wichtig, dass Transpersonen in feministische Debatten einbezogen werden.
Der Kampf gegen den Klimawandel muss antirassistisch und feministisch sein. Die Menschen in afrikanischen, asiatischen und südamerikanischen Ländern bekommen die Folgen der Klimakrise zuerst zu spüren und gerade Frauen können vor diesen Bedingungen schlechter fliehen, weil ihnen das Geld fehlt oder sie mit den Kindern nicht so mobil sind.
Welche Frauen sind Ihre Vorbilder, Ihre Inspiration?
Ich bewundere Emma Watson, sie macht wirklich tolle Arbeit. Vor der Friedensnobelpreisträgerin Malala habe ich auch großen Respekt. Und natürlich ist Greta Thunberg für mich ein starkes Vorbild: Sie hat sehr viel Kampfgeist und lässt sich auch von dem ganzen Hass, der ihr entgegenschlägt, nicht aus dem Konzept bringen.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich möchte dazu beitragen, dass mehr Frauen politisch aktiv werden und wir gleichwertig mit Respekt behandelt werden. Wir wollen ja gar nicht mehr, sondern die gleichen Rechte.
Persönlich würde ich mir auch mehr Frauen in der Feuerwehr wünschen. Ich bin selbst Mitglied in der Feuerwehr… und der Frauenanteil ist wirklich sehr gering - dabei können wir das auch.